Liebe Carolin Emcke,

riesig gefreut haben wir uns heute morgen auf die Kurzreise mit der Bahn nach Frankfurt zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Sie in der Paulskirche.

Kurz nach 6.00 Uhr aufstehen, schick machen für den festlichen Anlass. Die Fahrkarten bereits vor Wochen gekauft, online bei der Deutschen Bahn. Um 7.40 Uhr stehe ich am Gleis 2, Essen Hbf., der ICE fährt um 7.54 Uhr.
Noch einmal zur Sicherheit auf den Plan schauen: Abfahrt 7.54 Uhr, Gleis 2.
Keine Durchsagen. Dann lese ich auf dem Display unterm Dach, dass der nächste Zug auf diesem Gleis 2 um 8.00 Uhr fährt, aber nach Mainz! Nochmalige Überprüfung auf dem Fahrplan: Frankfurt, 7.54 Uhr, Gleis 2. Nach wie vor keine Durchsagen bezüglich einer Gleisänderung oder etwaiger Verspätung.
Ich eile verwirrt in Richtung Auskunft, da kommt mir meine Kollegin Beate Scherzer auf der Treppe entgegen und ruft: „Der Zug ist weg, ist bereits um 7.38 gefahren!“ Keine Verspätung, sondern Verfrühung? Eine neue Variante im DB-Service?
Die versprochene Email bzw. SMS bei Fahrplanänderungen, die bei Online-Buchungen von der Bahn versprochen werden, sind nicht gekommen. Mit dem Folgezug nach Frankfurt ist die Preisverleihung an Sie, liebe Carolin Emcke, für uns nicht mehr pünktlich zu erreichen.
Wir gehen, maßlos enttäuscht und wütend, zum „DB-Service“, wo uns die Mitarbeiterin aus dem vor ihr liegenden, vorbereiteten Stapel bereits eingetüteter „Fahrgastrechte-Formulare“  ein Exemplar mit der Aufforderung „Ausfüllen!“ auf den Tresen wirft. Eigentlich fehlt nur noch der bereits frankierte Rückumschlag. Dann wäre der Service der Deutschen Bahn rundum gelungen.
Im Formular lesen wir:
„…wir bedauern sehr, dass Ihnen durch eine Verspätung oder den Ausfall eines Zuges Unannehmlichkeiten entstanden sind und entschuldigen uns dafür. Ab 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof erhalten Sie eine Entschädigung von 25 %, ab 120 Minuten von 50 % des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt.“ Und bei Verfrühungen?
Für das aufregende, jetzt leider entgangene Vergnügen, bei der Preisverleihung an Sie, Carolin Emcke, und Ihre Laudatorin, die amerikanische Professorin für Politische Theorie und Politische Philosophie, Seyla Benhabib, dabei sein zu dürfen, könnte die DB jedenfalls nichts geben, was uns heute entschädigen könnte.

Es gratulieren und grüßen Sie herzlich, leider wieder einmal mächtig verbittert über die Deutsche Bahn

Beate Scherzer & Peter Kolling